1. Home
  2. Blogs
  3. Gschichte vo hie und hütt
  4. Pedro Lenz: «Grossartig! Tüe mer ne erschiesse!»
Pedro Lenz' «GSCHICHTE VO HIE UND HÜTT»

«Grossartig! Tüe mer ne erschiesse!»

Pedro Lenz, 54, Schriftsteller und Publizist, sinniert in seiner Mundart-Kolumne für die «Schweizer Illustrierte» über alte Angewohnheiten.

Artikel teilen

Pedro Lenz Dr Goalie bin ig

Pedro Lenz über die heuchlerische US-Waffenlobby.

Geri Born

Eine, won i guet kennen, isch vor über drissg Johr i den USA im ne Chinderlager go häufe. Das Summercamp isch vom ne Hüufswärch organisiert gsi. Me het denn sörigi Ferielager ir freie Natur äxtra für Ching düregfüehrt, wo i grosse Städt ufwachsen und ohni das Aagebot nie d Möglechkeit hätte, e Waud vo nöch z erläbe.

Wo dä Lagerleiter denn im Waud e Hirsch het gseh, het er zu de Ching gseit: «Lueget dört obe, das Tier mit däm Gweih. Das isch jetz e Hirsch.» Di spontani Antwort vo dene Stadtching, wo no nie e Hirsch hei gseh, sig gsi: «Great! Let’s shoot him!» («Grossartig! Tüe mer ne erschiesse!»)

Mit Schusswaffe ar Angst begägne

Das hei di Ching nid gseit, wöu si bösartig si gsi oder bluetrünschtig. Si heis ou nid gseit, wöu si hätte wöue Hirschfleisch ässe. Si heis gseit, wöu si ire Kultur ufgwachse si, wo men am Unbekannten und ar Angscht z auererscht afe mou mit Schusswaffe begägnet. Gseht öpper i den USA e Frömden i sim Garten umeloufe, darf er dä Frömd erschiesse. Das isch legau. Der Bsitzer vom Land darf aanäh, der Frömd sig e Kriminelle, und drum darf er ne töde. Wenn sech spöter useschtöut, dass es ke Kriminelle isch gsi, sondern vilecht numen öpper, wo nach em Wäg het wöue froge, de säge sech die, wo gschosse hei: «Jo nu, säuber tschoud. Worum isch er i mim Grundstück umegloufe?»

Die Tradition, dass me dä oder das, wo eim Angscht macht, zersch afen einisch abeschiesst, bevor me geit go nocheluege, wär oder was es isch gsii, die Tradition chunnt vor Gründigszit vo de Vereinigte Staate. Di erschten europäische Sidler, wo z Amerika sässhaft si worde, hei sech ihres nöie Land zersch afe mou müesse freischiesse. Dört, wo si si go sidle, hets vilecht Kojote gha oder Bäre oder Indianer. Und nächär hets vilecht nid überau scho Polizischten und Richter ggä, auso hei d Sidler ds Gsetz mängisch ou i di eigeti Hang gno und mit Flinten und Revouver für Ornig gsorget.

«D Indianer und d Bäre het men i Reservat versorget»

Hütt isch das riesegrosse Land organisiert. D Indianer und d Bäre het men i Reservat versorget. Für d Gouner und Banditen im Inland het me d Polizei. Für d Gouner und d Banditen im Usland het me d Armee. Der Normaubürger müesst nümm schiesse. Aber wöu d Amerikaner enang sit der Gründung vo den USA im Johr 1776 immer wieder verzöue, nume Amerikaner, wo im Notfau chönge schiesse, sige richtigi Amerikaner, si d Waffe sehr wichtig. Dass me liecht a Waffe härechunnt und e Kult um di Waffe macht, ghört zum Mythos vom freien Amerika.

Argumänt vor wäutwite Waffelobby: «E Waffe für sich macht niemerem weh. Nume, wenn se e Bösen oder en Irren oder e Schlimme bruucht, isch si gfährlech.»

Wenns immer wieder irgendwo im Land zum nen Amoklouf chunnt, wo irgend e chranke Typ uf aues schiesst, wo sech bewegt, und zletscht zäh, zwänzzg, vierzzg oder no meh Toti macht, de redt me z Amerika und uf der ganze Wäut über di liberale Waffegsetz. Aber sofort, fasch reflexartig, wiederhole jedes Mou sämtlechi Waffefründe uf disere und uf dere Site vom Atlantik, nid d Waffe sige ds Problem, sondern die, wo d Waffe bruuche, auso mir Mönsche. Das isch ds wichtigschten und immer wieder wiederhouten Argumänt vor wäutwite Waffelobby oder vom amerikanische Presidänt. Si bättes nach jedem nöien Amoklouf eis ums angere Mou abe: «E Waffe für sich macht niemerem weh. Nume, wenn se e Bösen oder en Irren oder e Schlimme bruucht, isch si gfährlech.»

«Gärn, darfs süsch no öppis si?»

Ds Gägenargumänt chönnt genau gliich simpu si. Wenn e Waffe ohni Mönsch nid cha schiesse, chönnte mer ou säge, e Mönsch ohni Waffe chöng nid schiesse. Wenn nämlech so nen Amokläufer, bevor dass er Amok louft, no müesst go ne Waffeschiin lösen, de wär d Wäut sicher sicherer, aus wenn jeden eifach i Waffelade cha ineloufen und cha säge: «Grüessech mitenang, i hätt gärn es haub Dotze hauboutomatischi Gwehr und es paar Hundert Schuss Munition für nen Amoklouf.» Und der Waffehändler nume seit: «Gärn, darfs süsch no öppis si? Chöiters eso näh?»

Mehr Kolumnen von Pedro Lenz finden Sie hier.

Von Pedro Lenz am 12. August 2019 - 17:57 Uhr