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Suizid- und Gewaltszenen

Was ist eine Triggerwarnung – und wer braucht sie?

Es gibt schöne, romantische Filme, mit denen wir dem Alltagstrott für rund zwei Stunden entfliehen können. Und dann gibt es noch Filme, welche die weniger schmeichelhaften Seiten des Lebens aufzeigen und einen bitteren Beigeschmack haben. Wo schützen uns Triggerwarnungen, damit wir wissen, worauf wir uns einlassen?

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Triggerwarnungen

Manche Menschen wollen keine Gewaltszenen sehen und können sich durch Triggerwarnungen darauf vorbereiten.

Getty Images/EyeEm

Ein 17-jähriges Mädchen schneidet sich in der Badewanne mit einer Rasierklinge die Pulsadern auf. Diese Szene stammt aus der Netflix-Serie «13 Reasons Why» – und sorgte für mächtig Gesprächsstoff: Einerseits für Empörung, weil die (meist jugendlichen) Zuschauer einer derart authentischen und brutalen Darstellung von Suizid ausgesetzt werden, und andererseits für Befürwortung, weil endlich das Tabu gebrochen und über solche heiklen Themen gesprochen wird. Nachvollziehen kann man irgendwie beide Argumentationen – was es in so einem Fall aber unbedingt braucht, ist eine Triggerwarnung.

Selbstschutz 

«Triggerwarning», englisch für «Auslöser-Warnung», ist ein Hinweis für Zuschauer, Zuhörer oder Leser, dass die gezeigten Inhalte provozierend, beleidigend oder verstörend sein können. Vor beispielsweise einem Film oder einem Podcast wird deshalb die Triggerwarnung angezeigt oder ausgesprochen. So kann jeder Zuschauer und -hörer für sich selbst entscheiden, ob er sich die nachfolgende Darstellung wirklich zu Gemüte führen will. 

Menschen, die psychisch angeschlagen sind oder etwas Verstörendes erlebt haben, können nämlich von bestimmten Szenen, Berichten oder Bildern getriggert werden. Das heisst, sie werden so an das erlebte Trauma erinnert oder in die schreckliche Situation zurückversetzt, was zu einer Angst- oder Panikreaktion führen kann. Eine Triggerwarnung dient also als Schutz vor unangenehmen Gefühlen, Gedanken oder Verhaltensweisen. 

Abwärtsspirale

Ein Trigger ist wie ein Schalter, der umgelegt wird: Völlig unbeschwert sitzt man vor dem Fernseher und guckt sich ganz entspannt eine Serie an, bis man – von einer Sekunde auf die andere – von einer Szene oder Darstellung überrumpelt wird. Plötzlich befindet man sich in einer Spirale, die rasend schnell nach unten dreht und das Gehirn nicht mehr rational denken lässt. Für Menschen, die in der Vergangenheit zum Beispiel mit Suizidgedanken oder Essstörungen zu kämpfen hatten, kann ein Trigger fatal sein und alte Muster hervorrufen.

Risiko im Alltag

Solche Trigger gibt es aber nicht nur in den Medien, sondern auch im Alltag – und auch bei Personen, die zuvor noch gar nie mit psychischen Problemen zu kämpfen hatten. Musstet ihr schon mal mit dem Verlust eines geliebten Menschen oder eures Haustiers umgehen? Wenn ja, kennt ihr bestimmt das Gefühl, wenn man durch ein Foto oder einen Gegenstand an die Person oder das Haustier erinnert wird – und damit alle Gefühle mitsamt der Trauer wieder an die Oberfläche geschwemmt werden. 

Warnung im Unterricht

Der Begriff «Triggerwarning» wurde zunächst für den Schutz von Menschen, die unter (posttraumatischen) Belastungsstörungen oder anderen psychischen Erkrankungen leiden, eingesetzt. Inzwischen ist er – besonders unter Jugendlichen – fast zu einem Trend-Wort geworden. In England und den USA forderten zum Beispiel Studenten, dass provozierende Inhalte oder Worte mit einer Triggerwarnung gekennzeichnet werden sollten, um die emotionale Stabilität nicht zu gefährden. Und sie hatten Erfolg: An US-amerikanischen Hochschulen sprechen einige Lehrer mittlerweile Triggerwarnungen aus, bevor sie im Unterricht zum Beispiel Gewaltdarstellungen oder rassistische Sprache behandeln. Damit sollen traumatisierende Erfahrungen reduziert werden, da Studenten selbst entscheiden, mit welchen Themen sie sich konfrontieren und auseinandersetzen. 

Schutz oder Zensur?

Was für viele ein Fortschritt ist, empfinden andere als zu radikal, weil Triggerwarnungen dazu führen können, dass sich Jugendliche nicht mehr mit Themen auseinandersetzen, die etwas unangenehm sind, aber schlichtweg zur Realität gehören. Daraus ergibt sich die Frage, wo die Grenze gezogen werden muss: Was kann man einem Menschen zumuten und wann braucht es eine Warnung, damit man sich vor psychischen Rückschlägen schützen kann? Die EINE, richtige Antwort gibt es wohl kaum. Aktuelles Beispiel ist der neue «Joker»-Film: Szenen, die gewisse Zuschauer total gefesselt haben, liessen andere fluchtartig den Kinosaal verlassen. 

Von Style am 12. April 2024 - 12:00 Uhr